Theater machen

Nathan der Weise

von Gotthold Ephraim Lessing
Premiere: 21.10.2017
Stadttheater Wilhelmshaven


Schauspiel von bedrückender Schönheit

„Strauch löst sein Versprechen ein, die Schönheit der Lessing‘schen Sprache durch ihr Metier beherrschende Schauspieler zum Leuchten zu bringen. … In eindringlichen Szenen gelingt es dem Ensemble meisterhaft, die Kernbotschaften des Stücks plausibel zu vermitteln … zu schön fliegen die Verse durch den Raum, formieren sich mal monologisierend, im Duett oder chorisch zum Tanz der Sprache. Konsequent im Umgang mit dieser, outet sich Strauch als lustvoller Sprachästhet. Doch nicht allein hierfür gebührt dieser Inszenierung Dank. Dramaturgin Saskia Zinsser-Krys verschlankt die Textfülle. Diese Vorgehensweise verleiht Nathan 2017 Struktur – das Ensemble sorgt für Melodie und Rhythmus – alles ist buchstäblich durchkomponiert, szenische Mittel sind klug und sparsam eingesetzt. So entsteht Niveau.“ – Carolin von Nordeck, Wilhelmshavener Zeitung, 23. Oktober 2017

Lesedrama. Dramatisches Gedicht.

„Nach zweieinhalb Stunden möchte man nur noch applaudieren, was die Hände hergeben. Doch halt, das Schlußwort gehört dem Sufi-Mystiker Dschalal al-Din ar-Rumi: ‚Draußen hinter den Ideen vom rechten und falschen Tun liegt ein Acker. Wir treffen uns dort. Das ist die ganze Aufgabe. Aber um sie zu erledigen bedarf es zweier Voraussetzungen. Erstens muss man sich treffen wollen, und zweitens, muss man den Acker tatsächlich bearbeiten.‘ Wow, starke und große Worte für einen ebenso starken Abgang. Das Publikum applaudiert, bis die Hände schmerzen.“ – Carolin von Nordeck, Wilhelmshavener Zeitung, 23. Oktober 2017

women at war
Gotteskriegerinnen.

„Eine starke Dichtung

… feierte in der fulminanten, faszinierenden Inszenierung des Regisseurs Jochen Strauch eine Premiere, die unter die Haut ging. Und genau dies sollte sie auch, denn Strauch, die Dramaturgin Saskia Zinsser-Krys und die mitwirkenden Ensemble-Mitglieder der Landesbühne haben augenscheinlich ihre Arbeit als Verneigung vor Lessings Werk aufgefasst, das vor allem ein großartiges Plädoyer für Humanität und Toleranz, oder ganz einfach auch für die Mitmenschlichkeit ist. Die zum Teil weitgefassten Kürzungen des Originaltextes haben Handlung und Inhalt nicht geschmälert, im Gegenteil: Das Premierenpublikum erlebte die Aufführung auch als Ode an Lessings zwar für die heutige Wahrnehmung ungewohnte, aber wundervolle Sprache und ihre ungemeine Aussagekraft.“ – Désirée Warntjen, Jeversches Wochenblatt, 23. Oktober 2017

Wir müssen, müssen Freunde sein…

Eindrucksvoll und bedrückend

„Aus der Not aller Regisseure, dass der von Zensur bedrohte Lessing seinen Nathan 1779 eigentlich nicht für die Bühne, sondern als „dramatisches Gedicht“ geschrieben hat, macht Jochen Strauch eine Tugend: Er … konzentriert sich ganz auf den von ihm geschickt gestrafften Text. … Der Text wirkt umso stärker. Für Dynamik sorgt die von Frank Albert kongenial gestaltete Drehbühne. Dazu kommen Videos und Musik als moderne Stilmittel, die sich eindrucksvoll und bedrückend in die Inszenierung einfügen: Aufnahmen von zerbombten und brennenden Häusern, von Gotteskriegern und Götzenbildern. …

Scene
je suis EU USA LEN

So schreibt Nathan am Anfang des Stücks nach seiner Rückkehr in die heute noch von Religionen umkämpfte Stadt Jerusalem aus den Buchstaben des Stadtnamens ein Anagramm mit den Begriffen EU und USA an die Wand. ‚Religion ist auch Partei‘, wird der Tempelritter später sagen.“ – Ulrich Schönborn, NWZ online, 23. Oktober 2017

„Brennende Häuser, Fahnen, Kreuze – was nicht alles im Namen des Glaubens in Brand gesteckt wird. … Frank Albert hat diese  martialisch anmutende Kulisse zu einem Kaleidoskop des Schreckens gemacht. Unaufhaltsam tickend wie eine Zeitbombe, setzt sich das Getüm in Bewegung, bringt Bilder hervor, die längst im kollektiven Gedächtnis verankert sind. … Osama bin Laden, Saddam Hussein, Georg W. Bush, Erdogan und Donald Trump dürfen nicht fehlen im Kabinett des Bösen. … Und nicht zu vergessen die kleine Wortspielerei, die Nathan gleich eingangs ‚ankreidet‘ und in Scrabble-Manier ausführt: EU, USA und weitere Einlassungen ergeben Jerusalem, ergeben Verkettungen von Politik, Religion und Macht.“ – Carolin von Nordeck, Wilhelmshavener Zeitung, 23. Oktober 2017

„Gut gedacht, extrem gut gemacht dieser Sound der Bedrohlichkeit, den Matthias Schubert für dieses Szenario kreiert hat. … Exzellenz und Textsicherheit trifft auf alle Bühnenakteure gleichermaßen zu. Allen voran Johannes Simons, der ganz in seiner Persönlichkeit durchgearbeitet (vielleicht) mit Nathan die Rolle seines Lebens spielt.

Was der Patriarch gehört hat…

Daja, gespielt von einer vor innerem Drang fast zerberstenden Carolin Karnuth, dominiert durchgängig. … Mit … Willen zur Umgestaltung bestehender Verhältnisse, gestaltet Simon Ahlborn … Sultan Saladin. Als dessen Schwester beeindruckt Anna Gesewsky. Mit steinerner Miene und strategischem Kalkül … Auch für Helmut Rühl scheint die Rolle des Derwischs/Klosterbruder auf den Leib geschneidert. Mit Witz und Bauernschläue fungiert er als Bindeglied und literarische Klammer. … Julius Ohlemann geht eindrucksvoll an seine Grenzen. Dieser Tempelherr ist weniger bewegt von heiligem Edelsinn, sondern vielmehr von soldatischem Gehorsam und ein wenig lebensmüde ist er auch.“ – Carolin von Nordeck, Wilhelmshavener Zeitung, 23. Oktober 2017

Aufklärung 2017

Probennotizen zur Konzeption und Umsetzung im Making-of.


Bühne, Kostüme und Video: Frank Albert
Musik und Sounds: Matthias Schubert
Dramaturgie: Saskia Zinsser-Krys
Mit: Simon Ahlborn, Anna Gesewsky, Johannes Simons, Jördis Wölk, Carolin Karnuth, Julius Ohlemann, Helmut Rühl
Fotos: Volker Beinhorn und Jochen Strauch

Mehr Bilder auf der Homepage von Frank Albert. Und mehr Musik aus dem Projekt bei Matthias Schubert.

1 Kommentar zu “Nathan der Weise

  1. Marianne Abrams

    Gerade zu Hause nach einem fantastischen Abend. Es war eine tolle Produktion, sehr gut inszeniert und sehr gut gespielt. Vielen herzlichen Dank. Das Stück ist so relevant heute.

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