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Theatermagazin 1: Treue

CRM ist eine stehende Sparte im Repertoirebetrieb des Marketings – aber was bedeuten eigentlich die vielbeschworenen Kundenbeziehungen? Was wollen unsere Kunden, genauer: die Zuschauer, von uns, genauer: dem Theater? Wie kommunizieren wir mit Ihnen, denen? Und überhaupt. Was ist: Das Publikum? Laufkundschaft = abends schnell mal an die Kasse und Kulturquickie? Stammkundschaft = dem Theater monogam verbunden seit Jahrzehnten? Das eine ist flexibel, modern und spannend, während das andere ermüdet, ermattet und saturiert auf die nächste Komödie wartet?

Bei der Arbeit mit der exquisiten Stammkundschaft des Thalia Theaters habe ich Hamburger und Hamburgerinnen kennengelernt, die seit über 40 Jahren in ein und dasselbe Theater gehen und dabei zu knallharten Kritikern und exzellenten Theaterexperten wurden. Die sich nicht mit anbiederndem Humor abspeisen lassen, deren Gespür für moderne Kunst geschult ist durch Jahrzehnte miterlebter Theatergeschichte. Gelebter Seherfahrung.

Analysiert man die Abonnements 2011 fällt auf, dass tatsächlich eine Vielzahl der Nutzer „Ü50“ sind. Woran liegt das?
Daran, dass „die“ einfach noch mit dem Wert von Kunst aufgewachsen sind und so einen entscheidenden Kanon in sich gespeichert haben, der durch die verfeinernde Betrachtung zunehmend postmoderner Interpretationen im Jetzt weiterwächst?
Kunst braucht Konsum? Nur durch den Genuß moderner Kunst, wächst Verständnis und Lust am Kunstgenuß. Durch Verankerung kultureller Erfahrungen entsteht erst das Grundarsenal des Dechiffrieren-Könnens. Was bedeutet es also, wenn ein gros der Stammkonsumenten über fünfzig Jahre alt ist und im Segment drunter spürbar weniger nachwächst? Sind Abos Auslaufmodelle? Muss alles flexibel sein? iPad-tauglich?

Oder liegt es daran, dass Menschen zwischen 35 und 50 mehr mit der Gründung ihrer Existenz und der Etablierung/ Sicherung einer gesellschaftlichen Lebensrealität zu tun haben? Ist Flexibilität der neue Halt? Oder sind „wir“ nicht alle in Wahrheit zutiefst gestresst von der ständigen Konsumpolygamie, dem Rumgejette und sehnen uns danach, die alten Werte mit neuem Sinn aufzuladen?

Im Mittelpunkt der ersten großen Abo-Kampagne des Thalia Theaters in Hamburg steht 2011 die Arbeit mit dem Begriff „Treue“.

Im ersten Thalia Magazin, das thematisch unsere Vorstellung von „Festen Bindungen“ zentriert und sich nicht nur an die Stammkunden wendet, sondern in speziellen Selektionen (Arztpraxen, Buchhandlungen, Kinos, aber auch Recherchen der Deutschen Post) an Nichtkunden vertrieben wird, entdecken wir den Sexappeal von Verlässlichkeit und Zugehörigkeit.  Wir stellen fest, dass diesen Begriffen nur scheinbar der Glamour fehlt… Dass Glück oft ganz alltäglich ist. Und es mehr als genug Gründe gibt, sich in jedem Alter dem Ritual gepflegter Wiederholungen zu ergeben.

1 Kommentar zu “Theatermagazin 1: Treue

  1. […] wir uns bereits dem Image altmodischer Tugenden in vielstimmigen Magazinen zugewandt, z.B. Zeit und Treue. Diesmal wird es […]

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