Theater machen

Mein Vater Che Guevara

von Suzanne van Lohuizen
Premiere: 17.02.2002
Deutsches Schauspielhaus Hamburg
Ausstattung: Monika M. Cleres

Eine Szene wie in einer kubanischen Bar. Hinten aufgetürmte Stühle, vorn ein paar Tische mit Flaschen drauf, gedimmtes Licht und Zigarrenqualm in der Luft. Doch ist es hier wenig gesellig: an jedem Tisch sitzt nur eine Person.

„Zum Glück bin ich früh gestorben“ sagt der in der Mitte sitzende Che Guevara (Marc Letzig), zieht genüsslich an seiner Zigarre und fixiert das Publikum, das ihm gegenüber auf kubanischen Kaffeesäcken hockt. […] Gleich zu Anfang verliest Hildita in Suzanne von Lohuizens Stück Mein Vater Che Guevara im Neuen Cinema den letzten Brief von Ernesto Guevara, wie der Mann in Wirklichkeit hieß, an seine Familie: „Vor allem bewahrt euch die Fähigkeit, jede Ungerechtigkeit, wo und gegen wen auch immer auf der Welt, aufs Tiefste zu empfinden. Das ist die schönste Eigenschaft eines Revolutionärs.“

Die schlechte ist leider die, dass er jederzeit mit dem Tod rechnen muss, und so erscheint sogleich Max Urlacher alias Mario Teran, der junge bolivianische Soldat, der Guevara erschießen soll und, da er noch nie tötete, Gewissensbisse hat.

Und so sieht das Publikum, wie das von Suzanne von Lohuizen geschriebene Stück unter der Regie von Jochen Strauch (der bereits von Lohuizens Der Junge im Bus spannend inszeniert hat) auf ungewöhnliche Weise mit Leben gefüllt wird. Der kleine Raum des Neuen Cinema wird komplett bespielt; oben am Geländer künden große verwitterte Schilder von der Revolution; die DarstellerInnen sind voller Elan, scheuen keinen Haut- oder Augenkontakt. Wortgefechte zwischen Che und Fidel geraten zu Akrobatik, die nur angedeuteten Kämpfe für die Revolution werden eher sparsam erlebbar gemacht.

Das Stück sucht nicht den Mythos Ernesto „Che“ Guevaras zu entzaubern, es will eine andere Seite erlebbar machen: die des Mannes hinter dem Revolutionär, den zärtlichen Familienvater, den sich betrogen fühlenden Menschen, der von Fidel Castro verstoßen und schließlich seinem Schicksal überlassen wird.

taz Hamburg 20.02.2002

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