Kunst kommunizieren

Die neue Hamburgische Staatsoper

Als Tobias Kratzer und ich im Frühjahr 2023 begannen, gemeinsam über die Neuausrichtung der Kommunikation für die Hamburgische Staatsoper nachzudenken, bemerkten wir verschiedene Herausforderungen und zentrale Motive. Zwei Jahre durfte ich als Berater diesen Prozess begleiten, der mit der Veröffentlichung von Spielzeitbuch, Vorabwebsite und Pressekonferenz seine Abrundung fand. Über diese Zeit, über die Inhalte und großen Linien, die ich auf Basis meiner Thalia  Jahre in der Kommunikationsarbeit, beitragen durfte, blogge ich im Folgenden.

Paralleles Arbeiten, parallele Welten, 24/7 on, hier z.B. beim Probenstart zu The Party in Wilhelmshaven im Januar 2024 mit Ausstatterin Christin Treunert.

Wie alles begann: Narrative & Schlagkraft

Die größte Herausforderung sahen wir sofort in der Bündelung der Kräfte von drei Sparten: Wie schafft man es, eine gemeinsame Wucht zu entwickeln, während gleichzeitig der unverwechselbare Charakter der einzelnen Sparten unangetastet bleibt? Wie gelingt das Herausarbeiten der Exzellenz und der individuellen Sprache jeder Sparte bei gleichzeitiger Stärkung der (Achtung: Branding-Sprache!) Dachmarke? Welche Narrative und Ressourcen möchte und könnte man gewinnbringend teilen, welche Anteile müssen auch unter der neuen Vision eigengesteuert bleiben? Und was ist mit welchen Ressourcen möglich?

Während ich zeitgleich meine Regiearbeiten im Schauspiel weiter verfolgte, begann eine aufregende Reise in die Welt der Oper. Gedanklich-inhaltlich, räumlich, digital. Tobias war von Anfang an, schon in der Bewerbungsphase seiner Intendanz mit der Vision angetreten, dass alles mehr miteinander in Schwingung geraten darf, dass sich die drei Sparten gegenseitig in der Kommunikation bereichern statt monolithisch abgrenzen. Die Betonung der Betriebsformen Staatsoper Hamburg, Hamburg Ballett und Philharmonisches Staatsorchester Hamburg erschien uns weder nach innen noch nach aussen als kraftvolle Erzählung. Auch wenn sie faktisch so unter dem Dach des Begriffs Hamburgische Staatsoper angeordnet sind.

Die Inszenierung in Neuss lag auch geografisch per Zufall perfekt – Demis Volpi war noch Ballettdirektor der Oper am Rhein und die Agentur Running Water hat ihren Stammsitz in Düsseldorf. Nach der Premiere im Mai 2024 wanderte der Fokus konzentriert auf die vielfältigen Projekte der Arbeit in Hamburg. Eine Vielzahl von Ergebnissen dieser Art Sabbatical von der Regiearbeit sind im Folgenden dokumentiert.

Uns war ziemlich schnell klar, dass wir eine gemeinsame Website und ein gemeinsames Spielzeitbuch in den Prozess einbringen wollten. Auch um die Steuerung der zentralen Kommunikationskanäle und Vertriebswege mit Synergieeffekten versehen und die Reichweite entsprechend ohne zu hohe Zusatzkosten zu erweitern.

Tobias‘ künstlerischer Partner, der Videokünstler und Visual Dramaturg, Manuel Braun, hatte Input für eine Plakatkampagne entworfen, die genau dieses Thema auch inhaltlich bereits visualisierte: wie sich Bildwelten miteinander verbinden, so dass auch bei den notorisch knappen Ressourcen von Kunstinstituten eine gemeinsame Schlagkraft entwickeln kann. Denn auch wenn wir (im Sprechtheater) immer wieder davon ausgehen, dass Opernhäuser um ein Vielfaches großzügiger budgetiert sind, darf dabei nicht vergessen werden, dass auch der Kostendruck enorm ist.

Dieser finanzielle Druck verlagert sich entsprechend auf die Auslastung und die Erwartung an die Qualität der Werbung, insbesondere in Zeiten eklatanter Kürzungen in den städtischen und künstlerischen Haushalten. Werbebudgets wachsen nicht kongruent zu den Ansprüchen der Medien, die produziert werden müssen. Unser Ansatz war es also die Werbung gegenseitig verstärkend durch gemeinsame Wiedererkennung quasi zu verdreifachen.

Fast Forward: Das Shooting für die Eröffnungskampagne mit Manuel & Running Water. Das Opernmotiv an der Elbe frühmorgens Ende Oktober 2024.

Mit diesem Entwurf und der Gedankenwelt der Zusammengehörigkeit reisten wir zwischen März und November 2023 los und begannen die Gespräche mit den beiden anderen designierten Spartenchefs, mit Ballettintendant Demis Volpi in Düsseldorf und Generalmusikdirektor Omer Meir Wellber und seiner General Managerin, Gabriele Schiller von pr²classic, in Palermo. Das Zusammendenken der Kommunikation der Sparten – auch operativ – aus einer zentralen Besetzung begann sich mit Omer und dem Orchester zu realisieren.

Palermo, November 2023.

Alles gerät in Bewegung: Die Dachmarke, Logo & Kampagne, Spielzeitbuch & Einzelmotive und und und 

Gemeinsam mit der Agentur Running Water arbeiteten wir ab März 2024 an der Erfindung dieser gemeinsamen Dachmarke und begannen, die daraus resultierenden strategischen Kommunikationsziele (sowie deren Maßnahmen und Realisierungen) umzusetzen.

Das Kampagnenshooting fürs Orchester mit der Fotografin Laura Schaeffer u.a. im Hof des Rathauses und im Alten Botanischen Garten am Rand von Planten un Blomen, Shootingtag Ende September 2024 mit Running Water.

Der Gedanke war klar und allen eingängig: Wie kann dieses gemeinsame Haus an der Dammtorstraße nahe beim ursprünglichen Standort Gänsemarkt (Lessing!) auch kommunikativ zu einem Hub für die drei Künste und die drei Künstler werden, die ab Herbst 2025 eine neue Seite in der bald nun schon 350 Jahre andauernden Geschichte der ersten deutschen Bürgeroper aufschlagen werden. Zeitgleich wurde die Rolle der Oper für die Hamburgische Stadtgesellschaft zusätzlich betont, als die Einigung der Stadt mit der Kühne-Stiftung veröffentlicht wurde.

Die Agentur Running Water schlug eine starke, eingängige Bündelung der drei Sparten vor, mit einem schmalen Logo, das die komplexen Betriebsformen vom Publikum her denkt und visualisiert: Oper, Orchester, Ballett. Das Haus steht im Zentrum. Über die Bildwelten und die Auswahl der Fotograf:innen, hier erstmals mit Laura Schaeffer und Hilde van Mas, wird die Visualität zusammengeführt in den Motiven.

Videostill auf der Vorabwebsite vom Shooting mit Kyle Patrick, September 2024. Die Entwürfe laden nicht nur eine weltläufige Gelassenheit sondern auch eine Öffnung hin zu einem diversen Publikum ein – Oper für alle für eine diversifizierte Stadtgesellschaft.

Die Abrundung: Putting it together

Zeitgleich fächerten wir die gesamten strategischen Mittel der Kommunikation für den Saisonstart auf: Website samt Vorabversion, Leporello, Spielzeitbuch samt Interviewformat, Kampagnenbilder, Detailfotos für Stücke und Nachdenken über die Bildwelten für das Orchester,  und und und. Die Dramaturgie (mit Laura Schmidt und Christopher Warmuth im Zentrum) entwickelte ein detailliertes Rahmungsprogramm für das Repertoire, koordinierte und initiierte gemeinsam mit vielen Kolleg:innen aller drei Sparten ein Programm für Vermittlung in die Stadtgesellschaft samt Ansätzen von Outreach, Education, Audience Development, während wir die Produktion vielzähliger Details weiter vorantrieben.

Shooting mit Omer Meir Wellber, dem Philharmonischen Staatsorchester, der Orchesterdirektorin Barbara Fasching und Fotograf Matthias Baus in der Elbphilharmonie, November 2024.

Die Microsite nimmt dank der permanent die Sparten vernetzenden, neuen Redakteurin, der neuen Pressesprecherin, der neuen Social Media Producerin Gestalt an. Parallel schaut der neue Web Manager bereits im Hintergrund auf die großen Websiteerneuerungen. Während die Pressekonferenz vorbereitet wird und das Spielzeitbuch in den Druck geht bereiten wir mein OffBoarding vor, ich begleite die Prozesse beratend bis zur Pressekonferenz im März 2025 und freue mich auf den kraftvollen Aufbruch in eine neue Ära der Hamburgischen Staatsoper ab September 2025, während meine eigenen neuen Produktionen in Göttingen und Paderborn an den Start gehen werden.

Vorbereitung der Pressekonferenz in den Werkstätten, digitale und live Meetings zu Plakatkampagnen und Microsite mit Running Water (Leona, Mirko & Dominique sind auf verschiedenen Bildausschnitten), Matthias Forster und den neuen Kolleg:innen von November bis März 2025.

Allen (und vor allem den hier noch nicht namentlich erwähnten, z.B. meinem EMAA-Studienkollegen Achim Sieben, der als Tobias‘ Referent von FFM nach Hamburg gezogen ist) Kolleg*innen von Herzen eine großartige Zeit im Countdown bis September und einen tollen Start – es gäbe noch viel mehr zu berichten, z.B. wie genau auch schon die einzelnen Motive jedes Stücks und jedes Konzert vorgedacht und realisiert wurden, wie ausgiebig wir auch Abonnements und alles rund um die Hamburgische Staatsoper neu erzählt haben, und viel mehr zu erwähnen – und wer noch eine Geschichte beisteuern möchte: Ich würde mich freuen. Die Auswahl dieser anekdotischen Erinnerung an eine aufregende Zeit kann sich immer weiter verändern und ergänzen.

Das große Dreierinterview mit Demis, Omer, Tobias und Bettina Böttinger am 7. November 2024, Martina Zimmermann und ich haben mit Christoph Hertel im Hintergrund geplant, Matthias Baus hat die dokumentierenden Fotos geschossen, die auch im Spielzeitbuch eingefügt sind.

P.S
Die Ergebnisse der großen Kampagnenshootings sind auch zugleich die sechs Titelbilder der neuen Spielzeitbücher, die seit März 2025 in der Oper erhältlich sind – solange der Vorrat reicht… Vorverkaufsstart 19. Mai 2025, 11 Uhr – bis dahin nur gesicherte Plätze im Abo!

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